Schon immer strebten die Menschen nach Schönheit. Doch die Vorstellung darüber, was „schön“ sei, wandelte sich immer wieder und so auch die zumeist unausgesprochene Norm, die im Bewusstsein der Menschen beschrieb, wie das jeweilige Schönheitsideal auszusehen habe. Denn nichts hat sich so häufig gewandelt wie das Bild von einem schönen Körper. Was an einem Ort auf der Welt als erstrebenswert galt, wurde an einem anderen abgelehnt. Was in einer Epoche als das Maß aller Dinge galt, wurde in der darauf folgenden missbilligt. So haben zum Beispiel die in Stein geritzten, urzeitlichen Venus-Funde nur wenig mit der ranken Venus von Botticelli gemein. Ernst Hartig wendet sich mit seinen Bildern in More Woman nicht gegen die vorherrschende Sicht auf die weibliche Schönheit, und er möchte sie auch nicht als einen bewussten Gegenentwurf zu den durchtrainierten, grazilen Körpern der Hochglanzmagazine und Filmindustrie verstanden wissen. Die von ihm fotografierten Frauen zeigen mit ihrer unzeitgemäßen Üppigkeit ihre eigene Schönheit in all ihren weiblichen Ausformungen. Die Körper der Frauen strahlen Selbstbewusstsein aus, Kraft und Stärke, Überfluss und Energie, sie gebieten Respekt. Dabei hat die unverstellte werbende Nacktheit in den Bildern von Ernst Hartig nichts Künstliches, obwohl man sieht, dass die Szenen arrangiert sind – die Frauen bewegen sich in Harmonie mit ihrem Körper, sie haben nichts Steifes oder Verklemmtes. Und so entfalten die Arrangements ihre eigene Ästhetik, in der die Wünsche und die Persönlichkeit des Individuums Raum zur Entfaltung finden und die Körper ihre eigene Schönheit zelebrieren.